Im Herbst 2018 zeigte Gareth Southgate großen Mut, indem der Halbfinalist der Euro 1996 vielen jüngeren Spielern zu einer Nominierung verhalf, die noch auf ihren internationalen Durchbruch warteten.
Mittelfeldspieler Mason Mount von Derby County war vielleicht der überraschendste England-Akteur, der sich in den Plänen von Southgate im November 2018 während der Länderspielpause im England-Kader wiederfand. Vor jener Pause im Punktspielbetrieb tat er das gleiche für Derby, das in den Championship-Langzeitquoten weit vorne lag.
Hier blicken wir zurück auf einige Spieler, die allesamt den entscheidenden Anruf bekamen, während sie ihr tägliches Brot unterhalb ihrer jeweiligen Top-Liga verdienten.
Kevin Phillips (England, 1999)
In der Saison 1998/99 schoss Phillips die zweite Liga mit Sunderland in Grund und Boden und Kevin Keegan belohnte ihn dementsprechend mit seiner ersten Länderspielnominierung. Infolgedessen feierte Phillips am 28. April 1999 sein Debüt für England, als es in Budapest im Freundschaftsspiel gegen Ungarn ging. Doch es war keine allzu lange Beziehung, da Phillips nur sieben weitere Länderspiele für die Three Lions absolvierte.
Obwohl er für die Euro 2000 nominiert wurde, spielte Phillips in diesem katastrophalen Turnier nicht, doch sein Fokus lag ohnehin darauf, Sunderland nach einer glanzvollen ersten Spielzeit in der Premier League zu halten. Als Jamie Vardy seiner Generation schaffte Phillips einen problemlosen Übergang von zweiter Liga in die Premier League und gewann 1999/2000 mit 30 Toren den Goldenen Schuh des Wettbewerbs.
In der Folgezeit konnte er nicht mehr an diese Leistungen anknüpfen und wechselte nach Sunderlands Abstieg 2003 nach Southampton. Auch wenn er 2003/04 einmal mehr eine starke zweite Halbserie spielte, wurde er abermals zum Opfer der Umstände, die im St. Mary’s Stadium vor allem dank fehlender Führungsstärke Probleme bereiteten und schließlich zum Abstieg 2005 führten.
Genau hier wurde Phillips zum typischen Wandervogel und war zweimal im Verliererteam des Championship Playoff-Finals für West Brom und Blackpool (in den Jahren 2007 respektive 2012).
Es gab dennoch ein Happy End. Während seiner Zeit in Leicester war seine Erfahrung ein wichtiger Faktor in der Umkleide der Foxes, die am Ende der Spielzeit 2013/14 aufstiegen. Raum zur Interpretation bleibt bei der Bedeutung seines Einflusses sicherlich offen und doch gelang dem Klub nur zwei Jahre später die größte Fußballsensation der letzten Jahre.
Massimo Maccarone (Italy, 2002)
2002 reiste der Empoli-Stürmer Maccarone auf dem Weg in die Serie A an die Elland Road, um in seinem Länderspieldebüt auf England zu treffen. Er hatte großen Einfluss auf das Spiel und gab sein Länderspieldebüt, an das er sich lange erinnern wird, da er den spielentscheidenden Elfmeter herausholte.
Da die Kaderplätze für Italiens Stürmer bei der WM 2002 bereits lange vergeben waren, hatte Maccarone in der Folge kaum eine Chance auf einen Platz in der ersten Elf. Im Oktober 2002 lief er zum zweiten und letzten Mal für Italien auf, nachdem der damalige Middlesbrough-Trainer Steve McLaren Maccarones Unterschrift unbedingt haben wollte.
Er erzielte im Anschluss bescheidene neun Tore in seiner ersten Saison an der Teesside. Es war jedoch nicht genug für ihn, der Topstürmer des Klubs zu sein, der am Ende als 11. im grauen Mittelfeld landete. Er erreichte niemals mehr dieselben „Höhen“ und wurde in einem Boro-Team zunehmend austauschbar, das die Mitt-2000-er größtenteils an zwei Fronten verbrachte. Insgesamt erzielte er dennoch einige wichtige Tore im bemerkenswerten Lauf Boros, der 2006 in das UEFA-Pokal-Finale führte.
Eine wirkliche Heimat fand Maccarone nie. Nach erfolgreichen Leihen in Italien wechselte Maccarone schließlich 2007 nach Siena und traf in zwei der folgenden drei Spielzeiten zweistellig. Zugleich dient er als lebendes Beispiel dafür, dass einige Spieler in ihren fortgeschrittenen Profijahren einen zweiten Frühling erleben. Nachdem er 2012 nach Empoli zurückkehrte, half er dem Klub massiv bei dessen Aufstieg in die Serie A 2013/14.
Lukas Podolski (Deutschland, 2006)
Cheftrainer Marcel Koller ermöglichte Lukas Podolski im November 2003 sein Profidebüt. Obwohl Podolskis Einfluss auf den 1. FC Köln sofort groß war, sollten seine zehn Tore nicht ausreichen, um den Klub in der Bundesliga zu halten – doch sie reichten aus, um ihn für den Kader bei der Euro 2004 zu berufen.
Mit der Nominierung von Podolski kamen zwangsweise die Anrufe besserer Klubs. Dennoch entschied er sich für einen Verbleib in Köln und ballerte seinen Verein zum direkten Wiederaufstieg in die Bundesliga – nur um wiederum zurück in die zweite Liga abzusteigen. Zu diesem Zeitpunkt war Podolski einer der wichtigsten deutschen Stürmer, sodass er nach wie vor berufen wurde, ohne in der höchsten Spielklasse aktiv zu sein.
Die Weltmeisterschaft ließ Podolski schließlich zum Star reifen. Er erzielte ein Tor in Deutschlands drittem Gruppenspiel (gegen Ecuador) und schoss einen schnellen Doppelpack gegen Schweden, ehe sein Land das Halbfinale erreichte und das Turnier auf Platz 3 beendete.
Auch wenn seine Klubkarriere etwas erfolgreicher hätte sein können, gewann er Titel in drei verschiedenen Ländern. Seine abschließende Bilanz von 49 Toren in 130 Länderspielen für den viermaligen Weltmeister ist ebenfalls nicht von schlechten Eltern, sodass Podolski deutlich mehr Positives als Negatives aus seiner Karriere mitnehmen kann.
Federico Bernardeschi (Italien, 2014)
Mittlerweile Mitglied des Kaders von Juventus Turin, der vor Saisonstart als Favorit in die Serie A ging, wurde Federico Bernardeschi erstmals in der Saison 2013/14 bekannt, als er als Leihspieler bei Crotone in der Serie B spielte. Er erzielte zwölf Tore in 39 Spielen und sah nach einem hoffnungsvollen Spieler aus, doch niemand konnte vorhersagen, wie schnell er sich an die Spitze seiner Nation katapultieren sollte.
Viele Menschen würden argumentieren, dass alles mit seiner überraschenden Nominierung für Italien im April 2014 begann. Die Spieler wetteiferten darum, zur nächsten faustdicken Überraschung im WM-Kader zu werden. Obwohl es nie in Frage stand, dass er die Freundschaftsspiele absolvieren würde, war es ein sicheres Zeichen dafür, dass er ein Hoffnungsträger seines Landes darstellte.
Nach seiner Rückkehr nach Florenz beeindruckte Bernardeschi weiter. Er traf am 18. September 2014 in seinem zweiten Spiel für den Klub, als es in der Europa League gegen EA Guingamp ging und verdiente sich in der folgenden Saison das Trikot mit der Rückennummer 10. Dort hat diese Nummer eine große Bedeutung und ist eng mit der Erwartung eines konstanten Mittelfeldregisseurs mit tödlichen Pässen und Flanken auf den Mittelstürmer verbunden.
Danach war es nur noch eine Frage der Zeit, wann er sein Länderspieldebüt feiern würde. Er tat dies schließlich im März 2016 gegen die Mitfavoriten Spanien und Deutschland. Seine Leistungen waren gut, sodass er in den 23-köpfigen Kader berufen wurde, obwohl er schließlich nur einmal spielte, als Italien in einem Spiel ohne Bedeutung Irland unterlag.
Seit dem Herbst 2018 ist Bernardeschi ein geschätzter Teil des Titelverteidigers Juventus, das die Länderspielpause im November 2018/19 als dritthöchster Favorit auf den Champions League Sieg verbrachte. Er steht zudem symbolisch für die Hoffnung einer Nation, die angesichts ihrer verpassten Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2018 am Boden zerstört war.