2002 wurde Großbritannien noch lange nicht als eine Nation starker Radsportler angesehen, nachdem das Land lediglich eine einzige Goldmedaille in 76 Jahren holen konnte. Doch dann kam Dave Brailsford - mittlerweile Sir Dave Brailsford - als Vorsitzender des britischen Verbands.

Wir befinden uns nun in der Mitte seiner großen Pläne, die sowohl durch die Bahnraddominanz von Großbritannien bei den letzten drei Olympischen Spielen als auch Großbritanniens Team Sky - unter dem Manager und Leistungsdirektor Brailsford - mit aufeinanderfolgenden Tour de France-Siegern in die Tat umgesetzt wurden.

Es begann mit zwei Goldmedaillen bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen. Vier Jahre später gewann Großbritannien in Peking sieben von zehn möglichen Goldmedaillen im Bahnradsport. Auch bei den Heimspielen 2012 in London wiederholte Team GB diese Ausbeute.

Brailsford trat 2014 von seinen führenden Ämtern im britischen Radsportverband zurück, doch seine Methoden hatten eine bleibende Wirkung: 2016 holte das Team GB bei den Olympischen Spielen in Rio sechs Goldmedaillen sowie drei Silbermedaillen in den vier Rennen, wo es nicht für die oberste Stufe auf dem Podest reichte.

Team Sky hat seit seiner Amtsübernahme im Jahr 2010 den nie für möglich gehaltenen Erfolg feiern dürfen. 2012 begannen seine Methoden auf der Profi-Tour Dividende abzuwerfen, nachdem Bradley Wiggins der erste britische Sieger bei der Tour de France wurde.

Chris Froome übernahm in den Folgejahren ebenso für Team Sky und holte 2013, 2015, 2016 und 2017 das Gelbe Trikot. Nachdem er in diesem Jahr abermals favorisiert antrat, holte sich ausgerechnet sein Teamkollege Geraint Thomas den Titel dank einer rundum starken Teamleistung. Früher im Jahr holte sich Froome mit seinem Team noch den Giro d'Italia.

All dieser Erfolg basiert ohne Zweifel auf der Implementierung von Sir Dave Brailsfords Konzept der Ansammlung von minimalen Verbesserungen. Es liegt vor allem darin begründet, dass sein Team stets beliebt in den Tour de France Wetten ist.

Doch es ist nicht nur die Methode der minimalen Verbesserungen, die Team GB zu Olympischem Ruhm und Team Sky zu einer der besten Radsportdynastien aller Zeiten führten. Vielmehr sind es auch die im Team-Radsport genutzten Taktiken und Techniken, die während den Rennen für einen großen Unterschied sorgen. 

Brailsfords Nutzung der minimalen Verbesserungen

Als Sir Dave Brailsford mit Team GB begann, entschied er sich dazu, das Skript hinsichtlich Verbesserungstechniken umzuschreiben. Anstatt durch anstrengende Regime große Verbesserungen herzuführen, konzentrierte er sich auf kleine und individuelle Gebiete.

Seine neue Philosophie war darauf bedacht, kontinuierliche Verbesserungen durch eine Sammlung von minimalen Leistungsgewinnen zu erreichen, indem sich die Sportler um ein Prozent in jedem Gebiet des Sports verbessern.

Der Fokus wanderte demnach vom Erreichen eines möglichst schnellen Höhepunktes hin zur Konzentration auf den Fortschritt.

Auf der Suche nach Gebieten, die verbessert werden sollten, kam das Wissen aus vielen verschiedenen Bereichen zum Einsatz, welche die Trainings seines Radsportteams verbessern könnten.

Dies beinhaltete die Einstellung eines Chirurgen, der dem Team beibrachte, wie die Hände richtig gewaschen werden, um Krankheiten während den großen Events zu vermeiden.

Strenge Testläufe und Analysen waren erforderlich, um die Ausrüstung oder die Trainingsmethoden zu finden, die sich letztlich als die besten erwiesen.

Das eine Prozent stammt aus einer Verbesserung auf kleinsten Gebieten, wie etwa der Ergonomie des Sattels oder der Suche nach den besten Kissen und Matratzen für einen möglichst erholsamen Schlaf.

Es sind jedoch nicht nur diese Details, die analysiert und verbessert werden. Obwohl Team Sky aus etablierten, hochkarätigen Fahrern besteht, werden ihre Strategien auseinandergenommen und umfangreichen Tests in kontrollierten Umgebungen unterworfen, um Ansätze für Verbesserungen auszumachen.

Diese Strategien werden schließlich in den Teamplan aufgenommen.

Indem Brailsford und sein Team sämtliche 100 Prozent des Radsports in kleinen Abschnitten zusammenfassen, werden alle Aspekte bedacht und zum Optimum geführt. Wenn sie also am Tag des Rennens zusammengestellt werden, ergeben sie eine deutlich verbesserte Leistung in jeglicher Hinsicht.

Dieser Vorgang erfordert viele Testläufe und noch viel mehr den Wunsch, auch weiterhin Verbesserungen zu finden. Es handelt sich um eine Denkweise, die einen unabhängig von der Funktionsfähigkeit des Teams eine bessere Methode auffinden lässt.

Doch nicht nur jedes Gebiet selbst wird um ein Prozent verbessert; es geht um Ethos und Mentalität, welche zwischen Radsportlern und dem Rest des Teams dank der Idee der minimalen Gewinne geschaffen wird.

Um als Radsportler die minimalen Gewinne ausnutzen zu können, müssen sie voll und ganz in das Programm und den dahinterstehenden Personen vertrauen.

Dies ermöglicht es dem Athleten, auf höchstmöglichem Niveau zu arbeiten, da sie sich bewusst sind, dass moderne Methoden und Geräte zur stetigen Verbesserung eingesetzt werden. Die Methode der minimalen Verbesserungen hat zudem eine Art Placebo-Effekt auf die Sportler, der dafür sorgt, dass sie auf einem höheren Niveau agieren und dabei überlegene Trainings- und Rennbedingungen für sie schafft.

Brailsford trat 2010 Team Sky bei und erwartete einen Zeitraum von etwa fünf Jahren, bis seine Methoden Früchte tragen und das Team ein ernstzunehmender Kandidat für den Tour de France-Sieg wäre.

Doch schon 2012 fuhr Bradley Wiggins zum Sieg in der Gesamtwertung. Im Jahr zuvor wurde Mark Cavendish der erste Brite, der die Sprintwertung der Tour de France gewann, während in diesem Jahr Peter Sagan mit einer Quote von 1,44 favorisiert in die Rundfahrt ging und die Wertung schließlich auch für sich entschied.

Im professionellen Radsport besteht jedoch ein zusätzliches Elements, das auf minimalen Verbesserungen aufbaut und die Erfolgschancen eines Radsportlers massiv verbessern: sein Team.

Teamfahr-Taktik stärkt Überlegenheit

Durch die Nutzung des kontinuierlichen Systems minimaler Verbesserungen können neue Fahrer im Team Sky auf ihrem aktuellen Level mithalten, um sich anschließend mit dem Rest des Teams weiterzuentwickeln. Doch Team Sky stellt natürlich nicht einen beliebigen Radfahrer ein.

Die Mannschaft verfügt über ein Budget, das ungefähr doppelt so hoch wie das durchschnittliche Teambudget liegt. Sie nutzt es dafür, qualitativ hochwertige, potentielle Siegesanwärter zu verpflichten, die mit Ihrer Erfahrung und Fähigkeiten ihren Teamkapitän unterstützen sollen.

Die Fahrer haben die Dominanz von Team Sky meist persönlich erlebt, sodass sie sich augenblicklich auf die Methoden von Sir Dave Brailsford einlassen und - noch wichtiger - "dem Plan" treu bleiben.

"Der Plan" besitzt die Form eines Angriffs-, Erholungs- und Kontrollsystems. Da es viele technisch versierte Fahrer im Team gibt, sammeln sie sich an der Spitze des Pelotons, ehe sie dem Rest des Feldes davonfahren und dabei eine unglaubliche Geschwindigkeit an den Tag legen, die Attacken von rivalisierenden Fahrern gemeinsam abwehren und ihren Kapitän im Windschatten schützen, um diesen schließlich zum Sieg zu führen.

Ähnlich wie die minimalen Verbesserungen ist "der Plan" überall dort erprobt, wo Team Sky dabei ist. Zu Beginn des Jahres tauchten Sebastian Hanao und Tao Geoghegan Hart als eben solche Helfer für Wunderkind Egan Bernal auf, wie es sonst Geraint Thomas und Wout Poels für Chris Froome waren.

Für Team Sky hat es eine hohe Bedeutung, auf talentierte Fahrer zugreifen zu können. So war der 21-jährige Bernal etwa mit einer Quote von 1,85 der Favorit auf das Weiße Trikot des besten jungen Fahrers, musste sich am Ende jedoch knapp Pierre Latour geschlagen geben.

Doch es ist vor allem die unglaubliche Hingabe an "den Plan", was sie so bedrohlich erscheinen lässt. Viele Fahrer können um die Gesamtwertung kämpfen, doch nutzen ihr Talent stattdessen für das Team, um ihren Kapitän beim Sieg zu unterstützen.

Beachtung der wissenschaftlichen Methoden, Verbesserung von Techniken und Ausrüstung sowie die Zusammenstellung eines Teams voller Stars machte Brailsfords Mannschaft zu einer der erfolgreichsten aller Zeiten.

Doch die Entwicklung wird vor allem dadurch ermöglicht, dass er seine Fahrer dazu bringt, den Teamgedanken sowohl in der Vorbereitung als auch im Rennen in den Vordergrund zu rücken.

Erfolg bringt Erfolg: Mit der Methode der minimalen Verbesserungen, mit der Team Sky und Team GB weltweiten Ruhm erlangte, sind Athleten dazu bereit, in ein Programm einzutauchen, um zu einem Teil des Elite-Sieger-Teams zu werden.

Die größten Errungenschaften von Brailsford waren somit zweifellos, dass er die psychologische Seite seines Programmes etablierte und Radsportler an seine Techniken glauben ließ. Genau dies führte letztlich zum Aufkommen einer professionellen und Olympischen Radsport-Dynastie.

 

 

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