Der Kampfsport wird oftmals als der ultimative sportliche Wettbewerb betrachtet. Sobald die erste Glocke läutet, geht es eins gegen eins, wobei nur wenige externe Faktoren Einfluss auf den Ausgang des Kampfes haben.
Ein Faktor ist der Heimvorteil. Einige der besten Kämpfer der Welt nutzen die Chance, sich in bekanntem Territorium zu messen, in welchem sie oftmals ihre besten Leistungen hervorbringen. Hier sind fünf Athleten aus der Welt des Boxens und der Mixed Martial Arts, welche den Heimvorteil zu nutzen wissen und hier ihren Gegnern ab der ersten Glocke einen harten Kampf bereiten.
1. Joe Calzaghe: Der unterschätzte Champion
Die Karriere des walisische Wunders Joe Calzaghe bekommt noch immer nicht die verdiente Anerkennung. Dies liegt höchstwahrscheinlich an den Austragungsorten seiner Kämpfe. Calzaghe trat in den 46 Kämpfen seiner Karriere nur vier Mal außerhalb Großbritanniens an und kämpfte nur zweimal in den Vereinigten Staaten – in seinen letzten zwei Duellen gegen Bernard Hopkins und Roy Jones Jr.
Calzaghe trat während seiner Karriere gegen die Besten an – und besiegte diese. Er entthronte den großartigen Briten Chris Eubank in einem Krimi in Sheffield, um die WBO-Supermittelgewichts-Weltmeisterschaft zu erobern. Diesen Gürtel verteidigte er im Anschluss unglaubliche 21 Mal.
Sein Sieg gegen Jeff „Left Hook“ Lacy gilt noch immer als eine der besten Leistungen eines britischen Boxer im WM-Kampf. Er war dem mächtigen Amerikaner vollends überlegen, welcher zur damaligen Zeit mit rund 76 kg als der nächste große Star gesehen wurde. Im Anschluss schlug Calzaghe den mutigen dänischen Star Mikkel Kessler, ehe er für seine beiden einzigen Kämpfe in die USA reiste. Dort schlug er in seinen finalen Auftritten vor dem Karriereende Bernard Hopkins und Roy Jones Jr. nach Punkten.
Hätte Calzaghe schon zu Beginn seiner Karriere in den USA gekämpft, wäre sein Ruf im finanziell stärksten Land des Boxens deutlich früher gestärkt worden. Er kehrte als ein Unikum des Sports zurück nach Großbritannien, da er als unbesiegter Weltmeister mit einem Rekord von 46-0 und 32 Knockouts glänzte. In Wales und dem Rest Großbritanniens galt er immer als Star, doch seine Fähigkeiten verdienten ohne Zweifel mehr Anerkennung in den Vereinigten Staaten.
2. Sven Ottke: Der heimische Champion
Spricht man mit gelegentlichen Boxfans über Sven Ottke, haben diese entweder noch nie von dem Boxer gehört oder ihn als Schönwetterboxer, welcher seine Komfortzone nicht verließ, eingestuft. Ottke kämpfte nur einmal innerhalb seiner ungeschlagenen 34 Karriere-Kämpfe außerhalb Deutschlands. Er holte sich den WM-Titel im IBF Supermittelgewicht in seinem 13. Karrierekampf.
Sobald er das Gold in Händen hielt, sorgte Ottke dafür, diesen Titel mit allen Mitteln zu verteidigen. Für ihn bedeutete dies zugleich, einen risikoarmen Ansatz in seiner Karriere anzunehmen. Er entschied sich, nicht gegen andere Super-Mittelgewichtlern auf hohem Level zu kämpfen, sondern es nur mit eher mittelmäßig eingeschätzten Boxer aufzunehmen, um so das Knockout-Risiko zu minimieren. Ottkes Karrieremanagement berücksichtigte auch den Ort des Kampfes und er weigerte sich strikt, den Titel außerhalb seines Heimatlandes zu verteidigen.
Er verteidigte den IBF-Titel 21 Mal in Folge und gewann 16 dieser Kämpfe nach Punkten - einige davon umstritten. Es wurde darauf hingewiesen, dass er nur mit Heimvorteil antrat. Die Duelle fanden in Deutschland statt, die Ringrichter waren ebenso wie viele der Punktrichter Deutsche. Der Heimvorteil sollte sich als erfolgreiche Taktik herausstellen, da Ottke mit einem Rekord von 34-0 zurücktrat. Doch wird die Erinnerung an seine Karriere immer mit der Fußnote „Phantom" versehen sein.
3. Anthony Joshua: Der Stadionfüller
Seit er Olympisches Gold bei Olympia 2012 auf heimischem Londoner Boden gewann, gilt Anthony Joshua als britischer Nationalheld. Dies bedeutete zugleich, dass er seither in ausverkauften Hallen in ganz Großbritannien kämpfte und sein Heimatland nie verlassen oder in Übersee antreten musste.
Er zieht viel Aufmerksamkeit auf sich, sodass er nicht nur riesige Pay-Per-View-Einnahmen im Vereinigten Königreich einbringt, sondern auch die Box-Fans in den USA anspricht. Er befindet sich daher in einer vollkommen anderen Situation als sein Vorgänger Wladimir Klitschko, welcher während seiner Schwergewichts-Herrschaft hauptsächlich in Deutschland lebte und kämpfte.
Während Klitschkos oftmals langweiliger Boxstil dazu führte, dass sich US-Zuschauer abwendeten, sorgt Joshuas Knockout-Power und Hang zu aufregenden, Action-geladenen Kämpfen dafür, dass er auch in den Staaten ein großer Hit ist.
Er ist der Weltmeister im Schwergewicht, er ist ungeschlagen, er füllt Fußballstadien und ist ein Pay-Per-View-Hit auf beiden Seiten des Atlantiks. Warum in aller Welt würde er das aufgeben, um in Übersee zu kämpfen?
4. Floyd Mayweather Jr: Der Meister seines eigenen Schicksals
Egal ob man ihn als „Pretty Boy Floyd“ oder den Trash-Talker „Money Mayweather“ bevorzugt – Floyd Mayweather hat eine legendäre Karriere hinter sich, in welcher er gegen die Besten seiner Gewichtsklasse einen Rekord von 50-0 erreichte. Während einige Champions beschuldigt wurden, Gegner vermieden zu haben, perfektionierte Mayweather den Spannungsaufbau seiner Kämpfe, ehe er sich der Herausforderung stellte und siegreich war.
Nur wenige Kämpfer haben Mayweathers Kontrolle über ihre Karrieren. Dies gilt vor allem für die späteren Jahre Mayweathers, in welchen er ausschließlich auf amerikanischem Boden antrat. In seinem 35. Kampf bezwang er Sharmba Mitchell im November 2005 in Portland, Oregon.
Seitdem kämpfte er ausschließlich in seiner Heimatstadt Las Vegas, Nevada. Bei 15 Kämpfen in Sin City in Folge trat Mayweather gegen die besten Athleten der Welt an, darunter Miguel Cotto, Canelo Alvarez, Marcos Maidana und Manny Pacquiao. In seinem letzten Kampf verdiente er sich seinen bislang größten Erfolg, als er den ehemaligen UFC-Weltmeister Conor McGregor bezwang.
Mayweathers Heimspielserie geht ihrem Ende entgegen, da er einem dreitägigen Schaukampf gegen den Kickboxweltmeister Tenshin Nasukawa zusagte. Das Duell steigt Ende 2018 bei der Silvester-Show des japanischen Martial-Arts-Promoters Rizin.
5. Aung La N Sang: Der König von Myanmar
„Die burmesische Python“ Aung La N Sang mag zwar in den USA und in Europa kein bekannter Name sein, doch der in Myanmar geborene Kämpfer ist ein Superstar in Asiens größter Martial-Arts-Organisation, ONE Championship.
Der in den USA beheimatete Mixed Martial Arts Star hat einen eher durchwachsenen Rekord. Doch als er sich in der ONE Championship zu neuen Höhen aufschwang, erhielt er die Möglichkeit, seine Kämpfe in seinem Heimatland vor einer der leidenschaftlichsten Zuschauerschaften des Weltsports auszutragen.
Dort ist er seither einfach unschlagbar. N Sang kämpfte sechsmal im Thuwunna Indoor Stadium, auch in seinen letzten fünf Duellen, und lieferte jedes Mal spektakuläre Siege. Somit sicherte er sich zugleich die Titel im ONE Mittelgewicht und im leichten Schwergewicht.
Seine Walkouts zählen zu den aufregendsten sämtlicher Kampfsportarten, seine Fans gehören zu den leidenschaftlichsten und seine Kämpfe in Yangon sind TV-Übertragungen, die man gesehen haben muss. Einfach gesagt, ist mit „der burmesische Python” im Thuwunna immer zu rechnen. Er ist einer der dominantesten Athleten im heutigen Kampfsport. Es erfordert wohl einen ganz besonderen Sportler und eine ganz besondere Leistung, um ihn auf heimischen Boden zu schlagen.